Anlässlich der 25-jährigen Jubiläumstagung des Vereins sprach Gründungsmitglied Murielle Rousseau, BUCH CONTACT, auf der Jahrestagung 2019 in Stuttgart.
Netzwerken? Gern, aber offline!
Wenn ich über die Gründung des AVP rund um 1992 nachdenke, so erstaunt es nicht wirklich. Netzwerke hat’s immer schon gegeben (Man denke nur als im Mittelalter die großen überregionalen Personennetzwerke auf Basis gemeinsamer Interessen entstanden, so etwa die Hanse). Und Netzwerken ist nicht erst seit Facebook, Instagram oder Twitter „in“. Netzwerken als gesellschaftliches und damit soziales Phänomen, als tief in der Geschichte verwurzeltes, menschliches Verhalten. Was schon im Tierischen (Ameisen, Bienen, Vögel oder Fische) funktioniert, tut es hier auch beim Menschen. Allianzen schmieden, Kontakte und Kooperationen knüpfen, Informationen oder Referenzen in Tauschgeschäften einlösen, Empfehlungen aussprechen sowie Wissen und Erfahrungen (mit-)teilen – das sind wahrlich keine Erfindungen des Web 2.0.
Wenn man aber wie raumübergreifend als (manchmal sogar mobiler) Akteur*in (Pressesprecher*in/PR-Berater*in, angestellt oder frei) mit wechselnden lokalen Partnern (Medien) zusammenarbeitet,
wenn hohe Anforderungen an Innovation und Flexibilität auf einen zukommen,
wenn seit den frühen 1990er Jahren eine stark veränderte Umgebung, Globalisierung, schneller technologischer Wandel entsteht
und wenn sich daraus eine Not bezüglich des daraus resultierenden Bedarfs an raschem Informationsaustausch in einer immer schneller wechselnden Verlags-Marktkonstellation entwickelt,
so entsteht eigentlich automatisch ein Netzwerk.
Da schwache Bindungen untereinander, wie sie tatsächlich in den frühen 90er Jahren unter den Pressesprecher*innen normal war – jeder und jede agierte alleine, der Grundstein für Kreativität und innovative Entwicklungen sind, war die Gründung des AVP eigentlich eine logische Folge.
Knoten und Kanten
Netzwerke sind nichts anderes als eine Konfiguration aus Knoten und Kanten.
Bei uns gibt es Knoten, das ist der Vorstand, aber das sind vor allem die Städtegruppen, die sich schon 1992 gebildet haben. Mittlerweile in Deutschland, Schweiz, Österreich. Aber es gibt auch den internationalen Knoten – unsere Reichweite hat sich enorm vergrößert.
Die Kanten verbinden die einzelnen Akteur*innen miteinander. Unsere Kanäle transportieren die Informationen und das Wissen, nicht zuletzt auf den überregionalen Tagungen, deren Bedarf wir schon 1993 erkannt haben.
Die Kanten machen uns stark.
Sie sind manchmal emotional intensiv – wenn wir uns z.B. einmal im Jahr wiedersehen und in der Eingangshalle wie heute laut begrüßen. Oder wenn wir uns streiten. Auch das ist gut.
Kanten haben mit dem Vertrauen zu tun, das wir entwickeln, der Reziprozität und der gemeinsam verbrachten Zeit.
Je engmaschiger und motivierter wir miteinander agieren und uns in den Städtegruppen in Hamburg, Berlin oder Zürich treffen, umso stärker sind wir, damit Informationen und Wissen, auch im komplexen Zusammenhang, ausgetauscht und weitergeleitet werden. Der Transport klappt, Lernen voneinander funktioniert.
Wenn ich an die Zukunft unseres AVP-Netzwerkes denke, so glaube ich, dass der Mehrwert klar auf der Hand liegt. Die Herausforderung für die jeweiligen neuen Vorstandsmitglieder und auch für die sehr wichtigen Städtegruppenleiter*innen war immer, ob in den 90ern, 2000ern oder im letzten Jahrzehnt, diesen Mehrwert bekannt und transparent zu machen. Nur so können innerhalb unseres Berufsstandes Prozesse angestoßen werden und Chancen für die Gruppe sowie auch für jeden einzelnen sich eröffnen. Neue Gelegenheiten entstehen, neue Kontakte werden geknüpft.
Unsere Treffen dienen nicht zuletzt der Inspiration und des Austauschs, sodass Synergien entstehen können. Ich finde, sie bieten Rückhalt und Unterstützung sowie die Möglichkeit sich Ratschläge einzuholen.
Da wir ja unter der Zumutung leiden, uns ständig weiter entwickeln zu müssen und niemals stehen zu bleiben. Da wir das Glück haben oder das Schicksal teilen, gemeinsam unter dieser Zumutung zu leiden, ist unser AVP Netzwerk schon alleine dadurch gezwungen, eine Ansammlung von Brutkästen im PR-Zukunftslabor zu sein.
Ich wünsche mir, dass wir den „Problemlöser-Geist“, den wir als Protagonist*innen der Buchbranche an den Tag legen, sowie auch das Geschichten-Erzählen nicht ablegen, dass wir den digitalen Wandel, der uns alle erfasst und in manchen Bereichen 20-30 Prozent gar 50 Prozent der Arbeitsplätze kosten wird, gestalten und nicht erdulden.
Für meinen Teil habe ich durch die Gründung des AVP, der langen Vorstandstätigkeit sowie der langen Städtegruppenleitung hoffentlich viel zu der genannten Inspiration und dem Austausch beigetragen. Dies werde ich ganz sicher noch eine Weile tun. Für Sie aber auch für mich.
Vielen Dank!
Murielle Rousseau