Nie habe ich damit gerechnet, einmal einen Nachruf auf meine Kollegin Nele Süß schreiben zu müssen. Nicht als sie im letzten Jahr überraschend von einer schweren Erkrankung getroffen wurde, die sie über Wochen in ein Koma fallen ließ, aus dem sie sich langsam wieder wachgekämpft hat. Nicht als sie sich nach langer Rekonvaleszenz in diesem Herbst noch einmal einer schwierigen Operation unterziehen musste. Sie war eine Persönlichkeit mit so viel Kraft, mit so viel positiver Energie, dass ich immer dachte: Die Nele schafft das.
Aber dies wäre kein Nachruf, wenn sie es geschafft hätte.
Kennengelernt habe ich Nele Süß 2007. Sie kam von der Edition Temmen aus Bremen in die Edition Körber nach Hamburg – als gebürtige Münchnerin hatte es sie weit in den Norden verschlagen. Sie begann als Elternzeitvertretung und war ganz schnell so viel mehr als eine Vertretung: eine Kollegin, die die Pressearbeit unseres Verlags über zwei wichtige Jahre geprägt hat, und die der Körber-Stiftung auch nachdem sie nicht mehr für den Verlag arbeitete, weiter verbunden blieb, vor allem als so charmante wie bodenständige Moderatorin.
Und Nele Süß hatte gleich große Lust, sich im AVP zu engagieren: Gemeinsam leiteten wir ab 2007 die Regionalgruppe Nord, und als eine neue AVP-Vorsitzende gesucht wurde, übernahm Nele auch dieses Amt. 2008 und 2009 war sie Erste Vorsitzende und hat mit ihrem Ideenreichtum, ihrem Enthusiasmus und ihrer zupackenden Art in dieser Zeit viel angestoßen, so etwa eine große Weiterbildungskooperation mit dem mediacampus frankurt in Seckbach, auf die sie zu Recht sehr stolz war. 2009 organisierten wir die Jahrestagung in Hamburg, und in meiner Erinnerung gehörte auch dies zu den Höhepunkten ihrer Tätigkeit als AVP-Vorsitzende.
Aus der ersten Reihe trat Nele Süß dann langsam zurück, war 2010 Zweite Vorsitzende, im darauf folgen Jahr Pressesprecherin. Bis 2011 stand sie auch der Regionalgruppe Nord weiter vor, entwickelte auch hier Formate und startete Kooperationen. Ein großes Anliegen war es ihr, jüngeren Kolleginnen und Kollegen den Start ins Berufsleben zu erleichtern und sie auch für den AVP zu begeistern. Ein anderes, die digitalen Möglichkeiten der Pressearbeit zu erschließen, die sozialen Medien zu nutzen: Als begnadete Netzwerkerin hat sie früh verstanden, welche Chancen diese Verknüpfungsstrukturen bieten.
In den folgenden Jahren orientierte sie sich beruflich etwas um, machte eine Coaching-Ausbildung, widmete nur noch einen Teil ihrer Zeit der Pressearbeit und eröffnete schließlich 2015 mit ihrem Mann im höchsten Norden Schleswig-Holsteins ein Tagungshaus. Sorgbrück heißt das Haus, aber es war ein großes Versprechen darauf, Arbeit und Privatleben zu verbinden, auf dem Land und zugleich unter Menschen zu sein – auf ihr Glück.
Denn die Zahlen sagen wenig darüber, was die Zusammenarbeit mit Nele Süß für die Menschen bedeutet hat, die dieses Vergnügen hatten. Nele Süß war ein zutiefst herzlicher Mensch, interessiert an anderen, bereit sich auf das Gegenüber einzulassen – das hat sie zu einer guten Pressesprecherin und Coachin gemacht, vor allem aber zu einer wunderbaren Frau, deren Freundschaft mich in manch schwierigen Situationen getragen hat. Vielleicht weil sie interessiert war an den Menschen, auch an vielen Themen, hatte sie ein profundes Kommunikationstalent, eine große Gabe, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, Wärme zu verbreiten und sie zu begeistern.
Wenn ich in den letzten Tagen mit Kolleginnen über Nele gesprochen habe, dann ist es vor allem ihr Lachen, an das wir uns erinnern. Dieses laute, freie, grundvergnügte, aus der Tiefe kommende Lachen. Aus einer Tiefe, die auch manchem Zweifel und Schmerz, mancher Enttäuschung wieder eine überwältigende Lebensfreude abgewinnen konnte.
Vor vielen Jahren sang Ina Deter „Wenn du so bist, wie dein Lachen, möchte ich dich wiedersehen“. Nele Süß war wie ihr Lachen. Und wir werden sie nicht wiedersehen. Sie starb am 17. November 2020.
Dr. Kerstin Schulz, Edition Körber Hamburg